Mitte Juli landete ich voller Vorfreude zusammen mit drei andere deutschen Mädchen in Costa Rica. Gemeinsam verbrachten wir unsere erste Woche in Uvita und erlebten bereits unsere ersten Abenteuer und entdeckten die ersten tropischen Tiere.
Nachdem diese Woche viel zu schnell vorbeiging, kam ich sonntags zu meiner
Gastfamilie. Ich war total aufgeregt, hauptsächlich, weil ich mich noch nicht wirklich traute meine Spanisch-Kenntnisse zu nutzen. Doch meine Sorgen waren unbegründet. Ich wurde total nett empfangen und sogar meine Gastschwester, die gar nicht mehr bei mir zu Hause wohnt, ist extra länger geblieben, um mich noch kennenzulernen. Und als ich in mein zukünftiges eigenes Zimmer kam, standen dort schon einige einheimische Snacks für mich bereit. Da meine Gastfamilie normalerweise morgens noch vor der Schule ins Fitnessstudio geht und ich auch nichts dagegen einzuwenden hatte, fuhren wir am nächsten Morgen um 6:00 ins Gym und daraufhin in die Schule.
Die Schule hier war eins der Dinge, die mich am meisten überrascht hatte (hauptsächlich im positiven Sinne). Ich wurde sofort von zwei netten Mädchen aus meiner Klasse empfangen und durfte mich zwischen die beiden setzen. Sie haben mir auch jede Stunde geholfen, mich den Lehrer*innen vorzustellen und in die Themen reinzukommen. Der Schulalltag war ziemlich „locker“ gestaltet. Das änderte sich aber nach und nach als es auf die Examen zuging und alle anfingen sogar in ausgefallenen Stunden zu lernen. In den meisten Fächern habe ich am Anfang noch nicht viel verstanden.
Nach etwa 6 Wochen haben zwei Jungs aus meiner Klasse angefangen auf Spanisch mit mir zu sprechen und wenn ich etwas nicht verstand, haben sie es mir sehr geduldig nochmal auf Spanisch umschrieben. Ich merkte wirklich schnell, wie mein Spanisch besser wurde und daher ist mein Appel an jeden: Traut euch zu sprechen und umgebt euch mit Personen, die euch dabei unterstützen möchten!
Glücklicherweise habe ich in meiner Nachbarin eine echt gute erste Freundin gefunden. Wir sind in der gleichen Fußballmannschaft und gehen auch so gerne ein bisschen mit ihren Freunden kicken. Wenn schlechtes Wetter ist, backen wir manchmal etwas, machen Patacones (einheimische Bananenchips) oder gucken einfach einen Film und essen Popcorn. Wir helfen uns gegenseitig mit den Sprachen, sie mir mit Spanisch und ich ihr mit Englisch. Außerdem habe ich angefangen einmal wöchentlich zu surfen, was mir ungeheuren Spaß macht. Und zusätzlich gehe ich jeden Donnerstag mit einigen Klassenkameraden zu einer Art Jugendtreff in der Kirche, was eine wirklich tolle Gelegenheit ist viele Leute kennenzulernen, weil es viel über Englisch läuft und wir einfach nur eine schöne Zeit mit viel Programm zusammen verbringen.
Vor zwei Wochen hätte ich noch gesagt mein Highlight war der erste Ausflug mit der Organisation (nach dem ersten Monat). Wir haben uns alle unglaublich gut verstanden und die Attraktionen waren einfach toll. Ich war sogar ein bisschen traurig wieder nach Hause zurück zu müssen, wo ich wieder fast nichts verstehe und der Alltag so schweigsam für mich ist. Aber jetzt würde ich eindeutig sagen, das Highlight für mich war der 17. Geburtstag meiner Gastschwester, denn dort bin ich vielen Schulkameraden viel nähergekommen. Ich habe mit verschieden Leuten gesprochen (sowohl auf Spanisch, als auch auf Englisch) und jetzt spreche nicht nur ich mehr, sondern auch die anderen trauen sich jetzt eher auf mich zuzugehen. Ich würde nicht sagen, dass ich jetzt einen großen Anteil an Gesprächen habe, aber ich habe das Gefühl, das war der Anfang um hier wirklich anzukommen.
Was mich auf jeden Fall trotz Vorwarnung am meisten an der costa-ricanischen Kultur überrascht hat, war die Erfahrung an meinem ersten Schultag: Ich kam mit meiner Gastschwester in die Sporthalle und dort lag ein Junge umgeben von drei Mädchen auf den Tribünen. Mein erster Gedanke: „Was hat er, dass ihn die Mädels so gut finden?“ Wir haben uns dazugesetzt und nach und nach kamen auch andere Mitschüler. Immer mal wieder haben sie sich gegenseitig umarmt oder die Jungs haben den Mädchen auf die Stirn oder auf den Kopf geküsst und jedes Mal habe ich versucht mir zu merken, wer mit wem zusammen ist, doch dann haben sich die gleichen Jungs anderen Mädchen in die Arme geworfen und ich war irgendwann total verwirrt.
Was ich damit sagen will ist, dass die Jugendlichen in Costa Rica meiner Erfahrung nach viel mehr körperlichen Kontakt haben, als dies in Deutschland der Fall ist. Sie umarmen sich sehr viel. Für mich war es natürlich anfangs noch sehr ungewohnt, wenn einfach irgendein Junge, den ich kaum kannte, den Arm um mich legte, aber mittlerweile muss ich sagen, dass ich das sogar lieber mag als der Umgang in Deutschland, weil alles viel lockerer und irgendwie netter wirkt.
Außerdem sind nicht nur unter den Klassen gefühlt alle Freunde, sondern auch unter den Stufen kennen sich alle und sind befreundet miteinander. Was ich zusätzlich sehr schätze, ist, dass man für nichts verurteilt wird. Die Leute hier lachen sich so gut wie nie aus und sind vor allem überhaupt nicht nachtragend. Ich kann wirklich aus Überzeugung sagen, dass ich finde, dass der Slogan „Pura Vida“ zu keinem besseren Land passt, das ich bisher kennengelernt habe. Jeder kann hier tun und lassen, was er will, ohne dafür verurteilt zu werden und das finde ich wirklich bewundernswert und wichtig.